Peissnitz

Intelligente Lösungen an Bord

Das Wohnschiff Peissnitz ist aus Stahl, auf Spanten genietet, gebaut und weist eine extreme Stabilität gegenüber Eisgang auf. Durch Einziehung zusätzlicher Spanten konnte seine Tragfähigkeit auf 105 t erhöht werden. Durch die Form des Bugs und des Hecks wird auch im still liegendem Zustand Treibeis zu den Seiten und unter das Schiff abgeleitet. Seine umlaufend aufgenietete Rammleiste schützt es bei Havarien. Die Dalbenschlösser halten es in einem Abstand von 50 cm zu den Dalben und sichern damit seine volle Beweglichkeit zur Krängung bei Wellengang, einseitiger Belastung oder Winddruck. All dies sind Witterungssituationen, die im Eilbekkanal in Hamburg kaum vorstellbar sind.

Der Tiefgang im normalen Zustand von nur 85 cm sichert bei allen vorstellbaren Wasserständen die Schwimmfähigkeit. Beim Trockenfallen des Kanals wird das Schiff durch seinen absolut ebenen Boden plan und stabil aufsetzen und nicht kippen. Sollte Wasser in den Wohnbereich gelangen, etwa infolge einer Havarie oder eines Bruches der Wasserleitung bzw. durch Löschwasser,sorgen automatische Lenzpumpen dafür die Schwimmfähigkeit zu erhalten. Ein gefährliches Abreißen der Versorgungsleitungen (Elektrizität, Wasser, Abwasser) erscheint im Unglücksfall ausgeschlossen.

Die Schwimmfähigkeit wurde vom Germanischen Lloyd, einer Art Schiffahrts-TÜV, nach erfolgtem Umbau attestiert. Dies umfasst auch die Kippsicherheit in freier Fahrt. Entsprechend wurde vom Germanischen Lloyd auch die Kippsicherheit am Dalben bestätigt. Die Erfahrungen während der Überführungsfahrt und bei der Durchquerung des Hamburger Hafens bestätigen die gute Seetüchtigkeit.

Im unteren Deck trennen feuerfeste Stahlwände die Außenbereiche von den Innenräumen. Die unteren Wohnräume besitzen neben der Treppe zum Obergeschoss zwei Eingangs- und Fluchttüren nach außen. Von hier aus kann man direkt auf die Terrasse und von dort über den Steg an Land flüchten. Alternativ kann die Peissnitz mittels einer zu diesem Zweck am Heck am vorgesehenem Aufnahmepunkt angelegten Leiter über den sogenannten „zweiten Rettungsweg“ an Land verlassen werden. Die zahlreichen Fenster der unteren Etage, die sich kanalseitig sämtlich öffnen lassen, ermöglichen ebenfalls das schnelle Entweichen der Bewohner in das Wasser und den Zugriff von außen bei der Brandbekämpfung. Die obere Wohnetage besitzt eine Eingangstür zur Zugangsbrücke sowie eine weitere Tür auf die Terrasse. Der um die obere Etage herumgeführte Gang und die Terrasse können ebenfalls leicht angeleitert werden.

Ausgeklügelte Klimatechnik

Im Wohnschiff Peissnitz werden die typischen Gegebenheiten eines Hausbootes mit Stahlrumpf optimal zur Energieeinsparung ausgenutzt. Die äußere Wandung des Schwimmkörpers besteht aus Stahl. Zwischen ihr und der Isolierung des Wohnbereiches des unteren Geschosses liegt ein Luftraum, der an den Wänden 60 mm und am Boden 100 mm breit ist. Durch die guten Wärmeübertragungseigenschaften des Stahls sinkt die Temperatur in diesem Luftraum durch natürliche Konvektion auch an kalten Wintertagen nicht unter 4°C (niedrigste Wassertemperatur in tieferen Wasserschichten des Kanals) ab. So ergibt sich auch an Frosttagen bereits ein deutlich geringeres Temperaturgefälle zwischen Wohnraum und Umgebungstemperatur als bei konventionellen Häusern, deren Außenmauer der Außentemperatur ausgesetzt ist. Umgekehrt wird im Sommer eine unerwünschte Aufheizung vermindert. Dieser Effekt wird noch durch die vorgehängte, hinterlüftete, weiße Fassade verstärkt, die eine Erwärmung durch direkte Sonneneinstrahlung vermindert. Das Deckshaus ist in einer Sandwichkonstruktion, ähnlich dem aus Tiefkühl-LkWs bekannten Aufbau, ausgeführt. Durch den allseitigen weiten Dachüberstand von 1 m wird auch hier eine unerwünschte Erwärmung durch Sonneneinstrahlung vermieden.

Diese Gegebenheiten reduzieren den Wärmeenergiebedarf des Hausbootes so stark, dass die geringe notwendige Klimatisierung des Wohnbereiches durch Einsatz einer Wärmepumpe, die das Kanalwasser als Energielieferanten nutzt, erfolgen kann. Dies gelang sogar im Januar 2010, als der Eilbekkanal bei Temperaturen bis zu – 16°C 15 cm dick zugefroren war. Die Entnahme des Kanalwassers erfolgt unter dem Schiffskörper. Ebenso wie diese Wärmepumpe im Winter heizt, kühlt sie bei Bedarf im Sommer. Die Verteilung der Klimaenergie erfolgt im Wohnbereich über sämtliche Fußböden und über in den Außenwänden eingelegte Rohre. Durch diese Art der Klimatisierung kann vollständig auf den Einsatz klimaschädlicher Kühlmittel verzichtet werden. Die durch den Betrieb dieser Wärmepumpe entstehende Abwärme wird mittels einer Luft/Wasser-Wärmepumpe wiederum zur Brauchwassererwärmung genutzt, wodurch eine optimale Ausnutzung eingesetzter Energie gewährleistet ist. Die Wohnräume des Wassergeschosses werden aktiv zwangsbelüftet. Die Wärmeenergie der abgeführten Luft wird ebenfalls zur Brauchwassererwärmung heran gezogen.

Die besonderen Gegebenheiten des Liegeplatzes der Peissnitz in Hamburg werden von zahlreichen geschützten Ulmen sowie der nur 2,1 Meter betragenden Breite des steilen Uferstreifens bestimmt. Zur Schonung der Ulmen wurden die landseitig benötigten baulichen Einrichtungen parallel zur Straßengrenze, nur 0,85 Meter in den Landstreifen hineinragend, erstellt. Zur Errichtung der neuen Ufermauer mussten die meisten Ulmen gefällt werden und der Landstreifen verbreiterte sich um fast einen Meter. Langsam wächst die Uferböschung wieder nach , auch der alte Fliederbusch strebt seiner alten Pracht zu. Der Anschluss der Versorgungsleitungen erfolgt im Anschlusshäuschen, das in baulicher Einheit mit dem für Barmbek vorgeschriebenen Behälter für zwei 120 l Mülltonnen am Zaun zur Uferstraße errichtet wird. Unterirdisch werden hier die Ver- und Entsorgungsleitungen (Wasser, Strom, Medien und Abwasser) von der Strasse eingeführt. Oberirdisch – im Häuschen geschützt – werden Zähler und Sicherungssysteme montiert. Die Leitungen verlassen das Häuschen wiederum unterirdisch und verschwenken unter die Zugangstreppe. Unter ihr werden sie zum Hausboot geführt, wo sie in den am Bug angeordneten Technikraum eingeführt werden.

Vom Bürgersteigniveau führt eine 2,25 m lange, bewegliche Zugangstreppe zum Oberdeck hinunter, das an dieser Stelle 2,40 m über dem Wasserspiegel liegt. Die Treppe ist am Hausboot drehbar und beweglich angeschlagen und führt zur Ufermauer hinauf, auf der sie verdeckt und ebenfalls drehbar abrollt. Sie hat bei normalem Wasserstand des Eilbekkanals eine Steigung von rund 50 Prozent und kann Wasserstandsschwankungen von 30 Zentimetern nahezu unmerkbar aufnehmen. Sollte der Wasserstand im Kanal in einem Katastrophenfall um 150 cm steigen, würde sie automatisch in eine Notstellung geschoben werden und der Steg würde eine Steigung von 20 Prozent aufweisen.

Das Stadtwasser wird druckgleich an das bordeigene Rohrleitungsnetz angeschlossen. Bei Wasseralarm in der Bilge wird die Wasserzuleitung zum Wohnschiff automatisch abgesperrt und die Lenzpumpen gehen in Betrieb. Abwasser wird in einem Hebewerk gesammelt und je nach Anfall automatisch über eine Druckleitung zum Übergabepunkt in die Hamburger Kanalisation gepumpt. Das Hebewerk ist mit zwei alternativ arbeitenden Pumpen ausgestattet. Bei Ausfall einer Pumpe bleibt es voll funktionsfähig, gibt jedoch Alarm, damit die notwendigen Wartungsmaßnahmen veranlasst werden können. Das isolierte Leitungspaket wird, soweit es unterhalb der Zugangstreppe oberirdisch verläuft, beheizt, um ein Einfrieren zu verhindern.

So vereint das Projekt „Wohnschiff Peissnitz“ die Tradition des „Wohnens auf dem Wasser“ mit aktuellen nachhaltigen Konzepten einer mobilen Stadtgestaltung Hamburgs. Es wurde hierfür mit dem attraktivsten Hausbootliegeplatz der Stadt belohnt.